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Wahlkampf NRW: As cool as stone

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Da bin ich doch vorhin auf eine wirklich interessante Meldung gestossen. Ein wenig spät, zugegeben, aber ich war den ganzen Tag im Auftrag des Herrn unterwegs. Eine Vorabmeldung über einen Artikel im Stern, der morgen erscheint, drei Tage vor der Landtagswahl in NRW. Hier die Meldung, danach meine Anfangs-Recherche:

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stern: Anonyme Blogger im NRW-Wahlkampf 2010 profitierten mutmaßlich nach dem Wahlsieg durch Aufträge aus einem SPD-Ministerium und der Staatskanzlei

Hamburg (ots) – Das Wir-in-NRW-Blog spielte im Landtagswahlkampf 2010 in Nordrhein-Westfalen eine entscheidende Rolle. Anonyme Blogger enthüllten über Monate hinweg Interna aus der CDU, die dem damaligen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers schadeten (“Rent-A-Rüttgers”) und ihn schließlich das Amt kosteten. Der stern enthüllt in seiner neuen Ausgabe, wie die mutmaßlichen Hintermänner des Blogs von dem Wahlsieg der SPD profitierten. Sie erhielten Aufträge der Landesregierung in Höhe von mehreren Hunderttausend Euro.

Nach Informationen des stern veröffentlichte ein ehemaliger Magazin-Journalist unter diversen Pseudonymen (zum Beispiel “Theobald Tiger”) für die CDU schädliche Dokumente im Wir-in-NRW-Blog. Gemeinsam mit einem engen Geschäftspartner, der anscheinend ebenfalls für den Blog tätig war, ergatterten die beiden Unternehmer nach dem Wahlsieg von Hannelore Kraft lukrative PR-Aufträge von der Staatskanzlei und dem Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport.

Gegenüber dem stern wollte der Ex-Journalist seine Identität als Blogger “Theobald Tiger” weder bestätigen noch dementieren. Außerdem bestreiten sowohl die beiden Unternehmer als auch Staatskanzlei und Ministerium einen Zusammenhang zwischen den womöglich wahlentscheidenden Enthüllungen und in der Folge erteilten Aufträgen.

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Solche Geschichten interessieren mich immer. Über dieses Blog „Wir in NRW“ habe ich mich bereits vor zwei Jahren aufgeregt. Schon wegen des Namens („Wir in NRW“ ist ein ehemaliger Slogan der SPD unter Johannes Rau) und der Aufmachung, nicht nur wegen der Inhalte. Ich hatte von Anfang an den Eindruck, dass es sich dabei um eine verdeckte Wahlkampf-Aktion der SPD handelte. Der Betreiber Alfons Pieper, pensionierter  Landtags-Korrespondent und Vize-Chefredakteur der WAZ, liess schon in seiner aktiven Zeitungs-Zeit bei der Auswahl seiner Themen und ihrer Aufbereitung sowie in seinen Kommentaren wenig Zweifel an seiner politischen Präferenz zu. Misstrauisch hat mich auch gemacht, dass die Enthüllungen seiner Autoren unter Tucholsky-Pseudonymen erschienen. Pieper, der für “seine” Enthüllungen anschließend mehrere Medienpreise für sein Blog entgegennehmen durfte,  hat die Anonymität seines Autors damals damit begründet, dass dieser Journalist auch noch bei anderen Presse-Organen hauptberuflich tätig sei und mit Restriktionen zu rechnen hätten. Zu Recht, habe ich gedacht. Warum veröffentlicht jemand solche Skandal-Geschichten nicht in dem Blatt, von dem er bezahlt wird? Glaubt bitte nicht, solche saftigen „Rent-a-Rüttgers“-Geschichte würde sich eine Zeitung, egal welcher politischen Ausrichtung, entgehen lassen, wenn sie ihr angeboten würde.

Und wer ist dieser anonyme Tucholsky-Fan, der privat gebloggt hat und aus öffentlichen Kassen dafür honoriert worden sein soll? Also habe ich mal hier gefragt, mal dort geforscht, auf der Seite vom Kultus-Ministerium nachgesehen, welche Broschüren dort Ende 2010 veröffentlicht wurden, und wer sie für Ministerin Schäfer entworfen hat. Und dann die PR-Agentur des ehemaligen Magazin-Journalisten angerufen, der hier im Focus des Interesses steht.

Eine nette Dame hat mich gefragt, warum ich denn den Chef sprechen wolle? Habe ich ihr kurz erklärt, war aber nicht nötig: “Ach so, das habe ich mir schon gedacht, worum es geht.” Diese PR-Menschen. In ihrem Drang, immer Bescheid zu wissen, hat sie meinen Anfangs-Verdacht indirekt bestätigt. Scheinbar war ich also an der nicht ganz falschen Adresse und nach dem Stern nicht der Erste, der dort angerufen hat. Ich solle eine e-mail an den Chef schicken mit meinen Fragen, hat sie gesagt, der sei noch in einem Meeting mit Kunden.

Habe ich getan, vielleicht antwortet er ja.

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Update 10.05.2012, 17:05 Uhr:  Bisher hat Herr Steinkühler mir nicht geantwortet. Früher, als Journalist, war er schneller. Dafür verdient er jetzt besser, wenn man dem Stern glauben darf. Immerhin hat er meine Mail mit den Fragen an ihn nicht veröffentlicht.

Ganz anders die Landesregierung: Sie hat heute morgen flugs eine Pressekonfertenz einberufen. Die Fragen, die der Stern an die Landesregierung im Zuge der Recherche zu dem Artikel schriftlich gestellt hat, sind dort vervielfältigt und bei der PK an die Journalisten  verteilt worden. Samt Telefonnumer der Redakteurin, die in der Anfrage stand. Das schreibt Oliver Schröm, einer der Autorren, auf der Recheche-Seite des stern.


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